Die baltische Küste rauf und runter
Eine Reise von Christel und Joachim Blanck – Sommer 2018
Statistik:
Seetage: 20
Hafentage: 24
– davon Starkwindtage: 9
Reisetage gesamt: 44
Reiseunterbrechungen: 3
Strecke unter Segel: 896,7 sm
Strecke unter Motor: 388,7 sm
Strecke der gesamten Reise: 1285,4 sm
Fahrtage – Binnen: 6
Hafentage: 2
Strecke unter Motor: 437,4 km
Schleusen (Anzahl): 12
Mastlegen (Anzahl): 4
Seegebiete/Wasserstraßen und Häfen/Ankerplätze
DEUTSCHLAND
SCA – SOW – HOW – Hohensaaten – Westoder
POLEN
Szczecin (Pogon) – Odermündung – Oderhaff – Kaiserfahrt – Świnoujście – Pommersche Bucht – Kołobrzeg – Darłowo – Ustka – Łeba -Władysławowo – Hel – Danziger Bucht
LITAUEN
Klaipeda
LETTLAND
Liepāja – Pāvilosta – Ventspils – Irbenstraße
ESTLAND
Rig. Meerbusen – Mõntu/Ins. Saaremaa – Ins. Abruka – Roomassaare/Ins. Saaremaa – Kõiguste/Ins. Saaremaa – Kuivastu/Ins. Muhu – Moonsund – Haapsalu – Kuivastu – Rig. Meerbusen – Roomassaare – Kõiguste – Mõntu – Irbenstraße
LETTLAND
Ventspils – Pāvilosta – Liepāja
LITAUEN
Klaipėda – Kurisches Haff – Nida – Klaipėda – Danziger Bucht
POLEN
Władysławowo – Łeba – Ustka – Darłowo – Kołobrzeg – Dziwnów – Pommersche Bucht – Kaiserfahrt – Oderhaff – Trzebież – Odermündung –
Szczecin (Pogon) – Westoder
DEUTSCHLAND
HOW – Oderberg – Lpl. Altstadt Spandau – SOW –
DaW – SCA
Reisetagebuch
Wir wollten es in diesem Jahr noch einmal wissen, geplant war der Törn entlang der polnischen und baltischen Küste, über den Finnischen Meerbusen und durch die Ålandsee längs der schwedischen Ostküste mit einem Abstecher auf den Mälaren. Das notwendige Kartenmaterial war beschafft, doch familiäre Ereignisse verzögerten den für den 14. Mai geplanten Abreisetermin um zwei Wochen. Trotzdem ging es wohlgemut in der Morgenfrühe des 27. Mai los, wir wollten auf jeden Fall dem nervigen Ausflugsschiffsverkehr in der Berliner Innenstadt aus dem Weg gehen.
Schiffshebewerk Niederfinow
Marienwerder und Gartz (Oder) waren dann unsere Übernachtungshäfen auf dem Weg nach Szczecin. In der Marina Pogon wurde am 30. Mai das Schiff seeklar gemacht, am Tag darauf war dann Świnoujście erreicht. Die Fahrt längs der polnischen Küste verlief bei besten Wind- und Wetterbedingungen unspektakulär, selbst das berühmt-berüchtigte Sperrgebiet Nr. 6 bereitete uns keine Sorgen (auch bei der Rückfahrt nicht). In Ustka machten wir zum ersten Male hinter der neuen futuristisch anmutenden Drehbrücke fest.
Neue Drehbrücke Ustka
Wir waren das letzte Mal vor 14 Jahren hier- Ustka hat sich mächtig rausgemacht.
Krantor Danzig
Von Władysławowo aus unternahmen wir noch einen Tagesausflug per Bahn nach Gdańsk, von Hel ging es dann am Vormittag des 12. Juni auf den langen Kanten nach Klaipėda. Außerhalb der russischen Hoheitsgewässer wurden wir am späten Abend über Funk von der Küstenwache angepreit und dann noch in Sichtkontakt genommen, aber alles ganz zivil. Nachdem wir über Tag und die halbe Nacht schön segeln konnten, schlief der Wind am frühen Morgen ein, so daß die letzten 22 sm motort werden mußten. In den Old Castle Port Klaipėda ließ man uns wegen Vollbelegung nicht rein, aber der Smiltynės Jachtklubas am Nehrungsufer der Memel bot uns – wie schon öfter – einen angenehmen Liegeplatz.
Russ.-Orth. Kirche in Ventspils
Weiter geht es längs der baltischen Küste Richtung Norden, in Ventspils verfestigt sich die schon bei der Überfahrt von Pāvilosta aufgekommene Starkwindlage – wir bleiben vier Tage hier, bevor es durch die Irbenstraße nach Möntu weitergeht.
Leuchtturme Sõrve
Die seglerische Infrastruktur Estlands wird immer besser. Kõiguste, früher ein eher gammeliger Hafen mit unzureichender Betonnung, lebensgefährlichen Stromkästen und alten verrosteten Militärpontons hat heute nagelneue Beton-Schwimmstege, selbstverständlich mit Wasser und Strom.Weiter durch den Rigaischen Meerbusen legen wir abends in Kuivastu an. Morgens beim Auslaufen aus der Hafeneinfahrt übersehe ich, durch die tiefe Morgensonne geblendet, die grüne Tonne und setzte das Schiff hart auf einen Stein auf. Eine Kontrolle nach Aufnehmen der Bodenbretter ergibt aber keine sichtbaren Schäden, setzen deshalb die Fahrt durch den Moonsund fort und erreichen am 28. Juni Haapsalu. Ein Liegeplatz an der Innenseite des Betonpiers sollte sich in den nächsten Tagen als wahrer Glücksfall erweisen. Während sich die großen Yachten längsseits am Außensteg bei Starkwind und Regen von achtern fast ihre Fender durchscheuern, lagen wir für vier Sturmtage wie in Abrahams Schoß.
Reichlich Wind in Haapsalu
Abendstimmung in Haapsalu
Jetzt mußten wir Schiffsrat abhalten und uns eingestehen, daß der ehrgeizige Törnplan nicht einzuhalten ist. Außerdem sind wir nach der Grundberührung doch beunruhigt, die nächstmögliche Kranmöglichkeit befindet sich in Roomassaare. Fazit: Auf, auf Kameraden, es geht zurück. Die Besichtigung des Unterwasserschiffes am Kran in Roomassaare ergab außer abgeplatzter Farbe glücklicherweise keinen Schadensbefund, für 50 € fiel mir ein Stein vom Herzen. Für die Kran-Crew war der Anblick des Tandem-Kiels der Etap eine echte Überraschung, so was hatten sie noch nicht gesehen.
Gewitterfront in Liepāja
In Liepāja ereilt uns ein neues Ungemach. Das Mastervolt-Ladegerät hat seinen Geist aufgegeben. Unsere zuverlässigen Partner von Ferropilot Berlin bringen meine Ersatzbestellung zwar noch am Nachmittag des 14. Juli auf die Reise, doch die Zustellung erfolgt erst am Mittwoch, dem 18. In der Zwischenzeit hat uns der Hafenmeister von Smiltynės Jachtklubas mit einem Auto-Batterieladegerät ausgeholfen, so daß wir während der hochsommerlichen Temperaturen den Kühlschrank betreiben konnten.
Ännchen-von Tharau-Brunnen
Andenken an Klaipėda
Den Zwangsaufenthalt gestalteten wir so gut wie möglich mit Stadtbesichtigungen, Einkäufen, Badeausflug, Meeresmuseum und Faulenzen. Nach erfolgter Reparatur segelten wir am Donnerstag bei schönem Wind in das Kurische Haff 26 sm bis Nida. Nida hat sich auch mächtig rausgemacht, hat schon einen Trend zum Mondänen. Die große Düne und das Thomas-Mann-Haus stehen hier auf dem Pflichtprogramm.
Thomas-Mann-Museum Nida
Etwas sehnsüchtig geht der Blick von der Düne auf den größeren südlichen Teil des Haffs, der zum Gebiet Kaliningrad gehört und dem Segler nicht zugänglich ist. Hier in Nida haben wir uns mal fahren lassen und sind mit dem Ausflugsboot AUSTÉJA auf die Festlandseite in das im Memeldelta gelegene Fischerdörfchen Minija gefahren. Eine Exkursion zur größten europäischen Vogelwarte Kintai und ein rustikaler Imbiß gehörten zu diesem schönen Ausflug. Auf der Rücktour nach Klaipėda entdecken wir unterhalb einer der hohen Dünen (52 m ü. NN) eine traumhafte Ankerbucht.
Ankern vor den Dünen der Kurischen Nehrung
Ostsee – gefühlt Mittelmeer
Erst ca. 50 m vor dem Strand müssen wir Anker werfen, der Strandsaum ist nur ca. 2 m breit und in dem warmen Dünensand kann man einen „Adler“ machen. Von Klaipėda gehen wir am Morgen des 24. Juli auf den 114 sm-Törn nach Władysławowo. Es ist Vollmond und das ist unser Glück, wir schrammen in internationalen Gewässern haarscharf an drei unbeleuchteten Ankertonnen vorbei, sicherlich der russischen Marine gehörend. Guter Ausguck macht sich immer bezahlt, auch wenn der Autopilot steuert. Unnötig zu bemerken, daß die Tonnen weder auf der papierenen noch auf der elektronischen Seekarte verzeichnet waren. Die weiteren Fahrtage längs der polnischen Küste bringen nichts Außergewöhnliches mit sich. Der Wind ist meist achterlich, was naturgemäß stärkere Aufmerksamkeit erfordert. Ausbaumer und Bullenstander sind dauernd im Einsatz. Am vorletzten Seetag laufen wir durch von Dziwnów bis Trzebież, können noch schön segeln. Am 2. August ist in der Marina Pogon der Seetörn vorbei, wir machen das Boot klar für die Binnenfahrt und starten in der Morgenfrühe des 5. August Richtung Berlin. In der Schleuse Hohensaaten wie fast immer schnelle Abfertigung, nach der Übernachtung in Oderberg sind wir am nächsten Morgen am SHW Niederfinow das erste Schiff und fahren nach kurzer Wartezeit nach oben. Dafür gibt es 90 min Wartezeit vor der Schleuse Lehnitz, aber das WSA Berlin hat wegen der langen Trockenperiode verständlicherweise ein Wassersparregime für die Schleusen verordnet. Übernachtung am 24 h-Liegeplatz Altstadt Spandau, dann wieder ganz früh die Spree stromauf, an den Schleusen Charlottenburg und Mühlendamm geht es diesmal ganz schnell. Am 6. August um 13.15 Uhr endet an unserem Stegplatz im Argo die Sommerreise 2018.